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Wer in den letzten Jahren – 2022 ausgeklammert – in Technologieaktien investiert hat, darf sich über überdurchschnittliche Renditen freuen. Warum es aus meiner Sicht eine Frage der Zeit ist, bis sich das das ändert, der MSCI World mitbedroht ist und was man als Anleger jetzt erwägen sollte, möchte ich hier erörtern.
Ein Blick in die Vergangenheit
Die letzten Jahre wurden an der Börse von Technologieaktien dominiert. In nahezu jedem Portfolio finden sich hohe Gewichtungen dieser Aktien, z.B. Apple, Amazon oder Microsoft. Auch Fonds- und ETF-Anleger sind mehrheitlich nicht anders positioniert. Der MSCI World-Index besteht mittlerweile zu über 25% aus Unternehmen dieser Branche. Dabei besteht häufig zudem ein Klumpenrisiko bei den dominierenden Unternehmen. Seit nicht allzu langer Zeit kursiert der Begriff „Magnificient Seven,“ was die nach Marktkapitalisierung 7 größten Unternehmen der Welt meint. Diese haben sich nicht nur für sich genommen außerordentlich gut entwickelt, sondern stehen aufgrund Ihrer hohen Indexgewichtung für einen großen Teil der Gesamtrendite, welche der jeweilige Index (z.B. MSCI World, S&P 500 oder insbesondere der NASDAQ 100) erzielt hat.
Schaut man sich an, wie sich in den letzten Jahren der reine Technologieaktienindex NASDAQ 100 gegenüber dem MSCI World oder sogar dem MSCI World Dividend (der fast alle Technologieaktien ausklammert, da diese mehrheitlich keine Dividenden zahlen) entwickelt hat, wird die Konsequenz sehr deutlich:

Quelle: Hrsg: fondsweb, Fondsvergleich unter Einbindung der WKNs A2DRG5, A0RPWH, A0F5UF, online unter https://www.fondsweb.com/de/vergleichen/ansicht/isins/IE00BYYHSQ67,IE00B4L5Y983,DE000A0F5UF5 abgerufen am 12.01.2024
Die Technologieaktien haben sich seit Mitte 2017 mit über 200% Rendite deutlich besser entwickelt als ein marktbreiter Index bzw. erst recht als beispielsweise ein dividendenorientierter Index. Dem liegt natürlich auch ein Stück wirtschaftliche Realität zugrunde, da die dahinterstehenden Unternehmen auch überdurchschnittliche Gewinnzuwächse verbuchen konnten – jedoch nicht in gleichem Ausmaß, wie es die Aktien getan haben.
Das Problem ist, viele Medien und Anleger schauen sich oft einen viel zu kurzen Betrachtungszeitraum an und stützen hierauf Ihre Anlageentscheidungen. Das kann – wie aus meiner Sicht auch hier – zu stark unterschätzten Risiken führen.
Wissenschaftlich gibt es zu diesem Phänomen einige Feststellungen, die ich vertiefen möchte.
Faktorprämien
Als wissenschaftlicher Konsens gelten sogenannte Faktorprämien. Vereinfacht gesagt sind das Filter, die man auf einen marktbreiten Index legt und so versucht, langfristige Entwicklungen zu deuten. Es werden alle Unternehmen nicht (!) gekauft, welche diesen Filterkriterien nicht entsprechen. Das sind z.B.:
Growth (überdurchschnittliches Gewinn- bzw. Unternehmenswachstum)
Value (nach Fundamentaldaten günstig bewertete Aktien)
Dividend (Aktien mit hoher Dividendenrendite)
Size (Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung)
etc.
Allen Faktorprämien gemein ist, dass diese im langfristigen Durchschnitt höhere Renditen bieten konnten als ein auf der Marktkapitalisierung basierender Index. Fast alle bekannten Indizes sind jedoch marktkapitalisierungsbasiert, z.B. der MSCI World, der S&P500 oder auch der DAX, haben historisch demnach auch schlechter performt, als ein Alternativindex unter Nutzung dieser Filter.
Spannend ist dabei, dass sich diese Faktorprämien in der Geschichte in Perioden von mehrheitlich 10 – 20-jährigen Zyklen in ihrer über- bzw. unterdurchschnittlichen Performance abgewechselt haben. Technologieaktien sind dabei der Faktorprämie „Growth,“ also überdurchschnittliches Wachstum zuzuordnen. Die Growth-Prämie und damit der Anstieg der Technologieaktien begann spätestens mit dem Ende der Finanzkrise 2009, seitdem hat z.B. der NASDAQ 100 über 1.330 % zulegen können, sich im Wert also mehr als verzehnfacht. Hiervon ist der MSCI World weit entfernt, der im gleichen Zeitraum „nur“ ca. eine Vervierfachung geschafft hat.
Der natürliche Gegenspieler der Growth-Prämie ist die Value-Prämie, also günstig bewertete Unternehmen. Diese ist in Ihrer Entwicklung i.d.R. sehr ähnlich zur Dividend-Prämie, da es hier oft große Schnittmengen in den tatsächlich gekauften Unternehmen gibt.
Weiter oben hatte ich bereits das Problem geschildert, dass sich viele Anleger zu kurze Zeithorizonte ansehen, um Ihre Anlageentscheidungen daraus abzuleiten. Ich möchte Ihnen deshalb einen sehr langfristigen Chart (seit 1975) zeigen, der zeigt, wie sich Wachstumsaktien gegenüber Value-Aktien entwickelt haben:

Quelle: Hrsg: Longtermtrends, Growth vs. Value Stocks, online unter https://www.longtermtrends.net/growth-stocks-vs-value-stocks/ abgerufen am 12.01.2024
Hier wird zusätzlich zur Unterscheidung von Value- und Growth-Aktien noch nach der Unternehmensgrößte unterschieden, dieses Thema wollen wir an dieser Stelle außenvorlassen. Auffällig ist jedoch, dass fast alle Value-Indizes besser abgeschnitten haben, als die Growth-Indizes. Würde man noch weiter in die Vergangenheit gehen, sähe das Bild übrigens noch deutlicher zugunsten der Value-Indizes aus.
Die letzten Jahre hat man jedoch deutlich schlechtere Ergebnisse erzielt, wenn man statt Growth-Aktien eben Value-Aktien gekauft hätte. Die zyklische Natur dieser Prämien hatte ich bereits geschildert. Interessant ist nun, dass die Outperformance der Growth-Prämie statistisch überfällig ist, sich das Blatt auf absehbare Zeit also wieder zugunsten von Value-Aktien wenden sollte, sofern sich die Statistik fortsetzt.
Was sagen die Daten zusammengefasst?
Die eben geschilderten Statistiken sprechen ein klares Bild. Die wichtigsten Erkenntnisse hieraus möchte ich kurz zusammenfassen:
Langfristig entwickeln sich Value-Aktien (so z.B. auch Dividendenstarke „Dividend“ oder Qualitätsstarke „Quality“) besser, als Wachstumsaktien „Growth“
Erklärungsversuch: Wachstumsaktien sind naturgemäß risikoreicher, sprechen also die Gier der Anleger besonders an. Hierdurch steigen diese wie zuletzt in Bewertungsniveaus hinein, die irgendwann fernab jeder wirtschaftlichen Realität sind. Das ist besonders riskant, wenn die Stimmung einmal kippt. Value-Aktien hingegen gelten oft als langweilig, bergen dadurch aber auch signifikant niedrigere Risiken – sogenannte „Value-Traps“ einmal außen vor.
Insbesondere Value-Aktien sind in Ihrer zyklischen Natur häufig der natürliche Gegenspieler zu Growth-Aktien: Entwickeln sich die einen überdurchschnittlich, performen die anderen unterdurchschnittlich und umgekehrt.
Aus meiner Analyse der Vergangenheit schließe ich, dass der Zyklus der überdurchschnittlichen Performance von Growth-Aktien, und damit auch der Technologieaktien, bald sein Ende finden müsste und Value-Aktien damit auf die nächsten Jahre die bessere Wahl sein sollten.
Dieser Prozess kann auf verschiedene Weisen stattfinden:
Ein großer Verlust bei Technologieaktien, sodass diese wieder in eine Zone fairer Unternehmensbewertungen rutschen.
Eine relative Stagnation der Kursentwicklungen bei Technologieaktien auf mehrere Jahre, während in anderen Sektoren, z.B. bei Dividenden- und Value-Aktien die Kurse steigen.
Eine Mischung dieser Szenarien.
Wahrscheinlichkeit der Szenarien
Vorwegschicken möchte ich, dass ich keine Glaskugel habe. Wann diese Entwicklungen tatsächlich einsetzen, kann ich nur schätzen. Da Timing an der Börse jedoch selten von Erfolg gekrönt ist, halte ich es anders. Ich positioniere mich schon heute so, dass ich in jene Segmente an der Börse investiere, die statistisch aktuell die höhere Erfolgsaussicht und damit auch langfristige Renditeerwartung haben. Das hat folgende Konsequenzen:
Ich riskiere es, kurzfristig geringere Renditen einzufahren, weil ich bewusst auf die aktuell stark steigenden Technologieaktien verzichte.
Andererseits senke ich damit auch mein Risiko massiv. Schaut man sich an, auf welche Kursniveaus Technologieaktien fallen müssten, um wieder „fair bewertet“ zu sein, liegt hier aus meiner Sicht nicht weniger als eine Zeitbombe in vielen Depots.
Langfristig habe ich durch diese Entscheidungen mein Chance-Risiko-Profil deutlich verbessert.
An der Börse muss man zwischen Wahrscheinlichkeiten und Möglichkeiten unterscheiden. Ist es möglich, dass Technologieaktien einfach immer weiter steigen und sich weiterhin überdurchschnittlich entwickeln? Definitiv ja. Halte ich es für wahrscheinlich? Absolut nicht.
In Zahlen ausgedrückt sehe ich folgende Wahrscheinlichkeiten:
Tech-Aktien fallen in den kommenden Monaten oder Jahren überdurchschnittlich: 75%
Tech-Aktien stagnieren, während der Rest des Marktes sich positiv entwickelt: 20%
Tech-Aktien steigen einfach weiter, wie bisher: 5%
Ein so deutliches Bild der Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Szenarien kann ich an der Börse nur selten finden. Natürlich handelt es sich dabei nur um meine subjektive Wahrnehmung und Deutung der vorliegenden Fakten, auf Basis dessen ist für mich jedoch klar, dass ich gern das Risiko eingehe, vorübergehend ein wenig Rendite zu verpassen.
Die Herausforderung der Marktstimmung
Die aktuelle Situation birgt jedoch ein weiteres Risiko selbst für jene, die nicht oder nur wenig in Technologieaktien investiert sind. Stellen wir uns das Ganze wie eine Zellerkrankung vor: Es gibt „kranke“ Zellen (Technologie) und es gibt „gesunde“ Zellen (der Rest vom Markt). Bricht diese Krankheit nun aus, können die kranken Zellen dem Organismus jedoch so stark schaden, dass auch eigentlich gesunde Zellen zerstört werden.
Mit dieser Analogie kann man auch die aktuelle Marktsituation umschreiben. Das Risiko, dass auch eigentlich fair / günstig bewertete Aktien, Branchen oder Länder von potenziell fallenden Kursen im Technologiesektor mitbetroffen sein werden, ist nicht unwahrscheinlich. Es gibt kaum Depots, die hier nicht nennenswert investiert sind und so könnte die gesamte Marktstimmung schnell kippen und im „Abwärtssog“ auch andere Anlagen mit nach unten reißen.
Warum bin ich dennoch weiter in diese Aktien investiert?
Halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass diese Aktien weit weniger stark Fallen würden, als die besagten Technologiewerte. Somit ließe sich gegenüber dem Gesamtmarkt immer noch eine „Outperformance“ realisieren.
Mit dieser relativen Stärke könnten dann ggf. zu stark abgestrafte Werte günstig gekauft werden, z.B. durch Umschichtungen nach einer solchen Marktkorrektur.
Weil ich unrecht haben kann. Der beschriebene „Sog“ bei fallenden Werten gilt auch in die andere Richtung. Steigen die Technologiewerte weiter, hilft das der allgemeinen Marktstimmung. Das könnte auch Kursgewinne bei den „anderen“ Anlagen mit sich bringen. Ich steuere hiermit also nur sehr bewusst mein Risiko im Portfolio.
Fazit
Wie beschrieben sehe ich aktuell große Risiken insbesondere im US-Tech-Sektor, damit einhergehend aber auch generell dem US-Aktienmarkt und durch die hohe Gewichtung beispielsweise auch im MSCI World.
Sie entscheiden für sich, wie Sie damit umgehen, ich halte es aktuell mit einem Ausschluss dieser Werte aus meinen Investitionen. Stattdessen investiere ich gezielt in die „Value“ und „Dividend“ Faktorprämien, andere Regionen auf der Welt (z.B. die Schwellenländer, Asien-Pazifik etc.) und sichere mich nicht zuletzt durch zuverlässige Dividenden und Ausschüttungen der Wertpapiere gegen eine sich eintrübende Marktstimmung ab.
Quellen-Links
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