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US-Bankenpleiten: Einordnung der Situation

Autorenbild: Phillip BöckelPhillip Böckel

Aktualisiert: 13. März 2023

Beachten Sie bitte den Haftungsausschluss und Hinweise am Ende dieses Beitrags!


Vielleicht haben Sie schon von der Insolvenz der Silicon Valley Bank ("SVB") in den USA gehört, die vor den Ereignissen der letzten Tage auf dem Platz 16 der größten US-Banken stand. Weitere Banken haben daraufhin bereits Probleme vermeldet oder gar Insolvenz angemeldet, wie z.B. die Signature Bank. Gern möchte ich Ihnen die Lage und mögliche Implikationen für Ihr Vermögen schildern und Sie wissen lassen, dass ich die Situation für meine Kunden natürlich engmaschig beobachte. Sollten Sie persönlich mit mir über dieses Thema sprechen wollen – auch als bisher „Nicht-Kunde,“ kommen Sie jederzeit auf mich zurück.


Was ist passiert?

Nachdem ein Liquiditätsengpass bei der Bank nicht durch eine Kapitalerhöhung gelöst werden konnte, hat die US-Aufsicht die Kontrolle über die Bank übernommen, was nach dortigen Regularien einer Insolvenz gleichkommt. Hintergrund waren notleidende Kredite, die zu Verlusten der SVB geführt haben und aus den rapide gestiegenen Zinsen des Jahres 2022 resultierten. Die SVB selbst ist auf die Kundengruppe von Start-Ups, Venture-Capital-Fonds und Technologieunternehmen spezialisiert und hat außerhalb dieses Sektors nach aktuellem Kenntnisstand wenig bis kein Geschäft betrieben. In den USA gilt ähnlich der EU-Einlagensicherung ein System, dass Einlagen größer 250.000 USD absichert, was jedoch primär Privatpersonen betrifft. Momentan scheint es, dass aufgrund dieser Umstände und der Kundengruppe rund 95% der von der SVB verwahrten Einlagen nicht abgesichert sind. Folge war ein Kursrutsch der SVB-Aktie, weiterer kleinerer und mittlerer Bankaktien in großem Maße, aber auch dem Bankensektor allgemein, der im Schnitt am vergangenen Freitag rund 6% verloren hat.


Welche Auswirkungen hat das Ganze? Darüber kann in aller Folgenschwere natürlich aktuell nur spekuliert werden. Ich sehe jedoch zwei denkbare Szenarien:

  1. Szenario: Es passiert mehr oder weniger nichts, da die US-Regierung für die Einlagen eine Garantie ausspricht. Laut aktuellem Stand halte ich dieses Szenario für deutlich wahrscheinlicher als das 2. Szenario, sodass ich grundlegend erst einmal (noch) keinen Grund zur Beunruhigung sehe. Ganz im Gegenteil könnte dieses Ereignis sogar den Börsen Rückenwind geben und Kurse steigen lassen. Hintergrund sind die möglichen Signale für die Geldpolitik: die US-Notenbank könnte in Folge der Ereignisse vorsichtiger werden, was schnelle Zinsanhebungen betrifft oder sogar den Kurs wechseln. Naturgemäß ist das positiv für fast alle Anlageklassen, besonders aber Aktien und andere risikoreichere Anlagen.

  2. Szenario: Es gibt keine Absicherung durch die US-Regierung. Dies könnte eine Kettenreaktion auslösen, der zu weiteren Zahlungsschwierigkeiten insbesondere in der Start-Up, Venture-Capital- und Technologiebranche führen, aber auch auf andere Branchen übergreifen könnte, wenn diese Unternehmen plötzlich große Teile Ihrer Einlagen verlieren. Aufgrund der Tatsache, dass sich die Regierung und Aufsichtsbehörden dieser Folgen bewusst sind, halte ich das Szenario aber aktuell für unwahrscheinlicher.

Größtes Problem bei Bank-Insolvenzen ist in erster Linie ein möglicher Vertrauensverlust. Mögliche Domino-Effekte gestalten sich dabei recht vielfältig:

  • Kunden ziehen auch bei nicht betroffenen Instituten Gelder ab, obwohl dort gar keine Probleme bestehen. Aktuell hat dies bereits die Signature Bank getroffen, die eigentlich keine geschäftlichen Probleme in diesem Ausmaß hatte, nun aber aufgrund dieses „Bank-Runs“ eben selbst in die Insolvenz gerutscht ist. Dies kann durchaus weiter um sich greifen und zu Verwerfungen führen.

  • Auch auf der Kreditseite könnte hierdurch ein Problem entstehen. Banken könnten noch restriktiver in der Kreditvergabe werden, was auf die Gesamtwirtschaft hemmend wirkt bzw. weitere Unternehmen, die hierauf angewiesen sind, in Zahlungsschwierigkeiten bringen könnte.

Das Gesamtausmaß der Folgen lässt sich bisher schwer überblicken und die Reaktionen bzw. Interventionen der Aufsichtsbehörden und Regierung könnten hier wegweisend für die nächsten Tage und Wochen werden.

Darüber hinaus muss gesagt werden, dass Marktbereinigungen schwacher Unternehmen oder Finanzinstitute zwar kurzfristig zu Problemen führen, aus volkswirtschaftlicher Sicht aber sogar gesund für den Gesamtmarkt sind. Riskant ist lediglich ein aus Vertrauensverlusten resultierendes überschwappen auf eigentliche gesunde Unternehmen. Ich persönlich begrüße als antizyklischer Investor solche Marktbereinigungen, da hiermit auch immer Chancen einhergehen bzw. sich Über- und Unterbewertungen nivellieren.


Was sollte ich nun tun?

Für meine Kunden gilt: vorerst nichts. Ich beobachte die Lage für Sie genau, wollte Sie aber hierüber informiert halten. In der Regel sind die Kundendepots aktuell ohnehin wenig in unmittelbar betroffenen Segmenten exponiert, sodass maximal mittelbare Folgen einen Einfluss auf die Wertentwicklung haben sollten bzw. vorübergehende Natur sein dürften. Ich sehe aktuell sogar eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich für den Aktienmarkt die Ereignisse als positiv entwickeln könnten, da nun Zinsanhebungen vielleicht mit etwas mehr Bedacht umgesetzt werden. Schaut man in die Geschichte, erinnern Sie sich vielleicht dunkel an die "Savings and Loans Crisis" der US-Banken von 1986 bis 1995. In diesem Zeitraum hat ein Drittel (!) der US-Banken den Betrieb einstellen müssen, da die Finanzierungspraktiken zu lax waren und die Banken Insolvenz anmelden mussten. Im Vergleich hierzu erscheinen die aktuellen Insolvenzen noch recht harmlos. Im gleichen Zeitraum ist der US-Aktienmarkt übrigens um rund 150% gestiegen. Dies spricht für sich.

Sollten Sie jedoch aktuell freie Gelder auf Konten von über 100.000 EUR (EU-Einlagensicherung) und dies vielleicht sogar bei kleineren oder wenig stabilen Banken halten, denken Sie vielleicht über eine geschickte Verteilung dieser Liquidität nach. Hierbei unterstütze ich Sie gern.

Kurzfristig kann all das zu höheren Schwankungen führen und vergangene Woche haben die Märkte durchaus stark zurückgesetzt, aber mit der richtigen Depotaufstellung sehe ich mittel- bis langfristig keine größeren Schwierigkeiten aus der aktuellen Lage resultieren. Das kann sich ändern, sollten die Reaktionen der Politik doch anders als erhofft ausfallen.


Was lernen wir aus diesem Ereignis?

  • Die Wirtschaft ist derzeit im Umbruch, die dynamischen Verschiebungen bei den Zinsen haben vielleicht noch unberechenbare Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft.

  • Geldwerte (Bargeld, Anleihen, Geld auf Konto oder Sparbuch....) sind nicht so sicher, wie man in Deutschland oft glaubt. Liquidität sollte man immer so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich halten und lieber breit gestreut in Sachwerte wie Aktien, Immobilien oder auch Rohstoffe anlegen - langfristig erhält man hier nicht nur mehr Rendite, sondern auch mehr Sicherheit vor Totalverlusten, da es sich um reale (Sach-)Werte handelt

Ich hoffe, Ihnen hiermit eine gleichermaßen sachliche wie pragmatische Einordnung der aktuellen Ereignisse habe geben zu können und freue mich natürlich über Feedback und Ihre Gedanken zum Thema. Sollten Sie diesbezüglich Beratung wünschen, nehmen Sie gern Kontakt zu mir auf.


Quellen-Links

https://www.bankingclub.de/news/vorstaende-im-gespraech/was-ist-das-fuer-eine-komische-bank/ (Bildquelle: Alle Rechte liegen beim Bildersteller/Inhaber. Sollten Sie Inhaber der Bildrechte sein und der Darstellung auf unserer Website widersprechen, bitten wir um einen Hinweis)


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